Die heilige Katharina von Alexandrien (+ um 306, Fest 25. November)

Seit ihr Fest im Zuge der „Liturgiereform“ aus dem Festkalender verschwunden ist, kennen sie, die früher eine der am meisten verehrten Heiligen im Kirchenjahr war, nur noch wenige. In alten Kirchen jedoch geben noch viele Bilder und Statuen der heiligen Katharina aus Alexandrien in Ägypten, dargestellt mit einem zerbrochenen Rad, das als Folter- und Hinrichtungswerkzeug bei ihrer Tötung gedient hat, Zeugnis von ihrem Leben und ihrer Liebe zu Christus. Ihr Fest war früher ein wichtiger Lostag. Auch viele Wetterregeln erinnern noch die Bekanntheit und die Bedeutung ihres Festtages.
Verwechselt darf sie nicht werden mit der heiligen Katharina von Siena, die erst im 14. Jahrhundert gelebt hat, während Katharina von Alexandrien in den letzten Jahren der Verfolgung der Christen in der Antike am Anfang des 4. Jahrhunderts ihr Leben für Christus hingab.
Ein Fresko aus dem 5. oder 6. Jahrhundert in der römischen Katakombe St. Cyriaka mit dem Hinweis „Sancta Caterina“ ist wohl der älteste bekannte Hinweis auf Katharina als geschichtliche Person. Die erste uns heute noch bekannte Legende zu ihrem Leben und Tod in griechischer Sprache stammt aus dem 6. oder 7. Jahrhundert. Im 8. Jahrhundert dürfte sie dann auch ins Lateinische und in verschiedene Landessprachen übersetzt worden sein. Jacobus de Voragine, der später Erzbischof in Genua geworden ist, hat sie in seine Sammlung von Heiligenlegenden, in die bekannte „Legenda aurea“, die „goldene Legende“, aufgenommen, die um die Mitte des 13. Jahrhunderts erschien und die Heiligenverehrung des Mittelalters prägte.
Mag von alten Heiligen manches auch nur noch in Fragmenten oder Legenden fassbar sein, so kann man einen wahren Kern der Überlieferung doch nicht leugnen. Nach dem alten römischen Brevier war Katharina eine adelige Jungfrau zu Alexandrien, die schon im Alter von 18 Jahren eine solche Weisheit, Bildung und Beredsamkeit zeigte, dass sie praktisch alle überragte.
Nach alter Überlieferung war sie Tochter des heidnischen Königs Costus von Cypern und ursprünglich wegen ihrer allseits bewunderten Klugheit und Schönheit auch sehr eingebildet und stolz. Jeden Mann, der um ihre Hand anhielt, wies sie zurück. Sie wollte nur einen heiraten, der reicher und schöner, klüger und mächtiger war als sie selbst.
Nach dem frühen Tod ihrer Eltern begegnete sie einem greisen Einsiedler, der ihr von Christus erzählte, dem König aller Könige, der als Gott für uns Mensch geworden ist, um uns von aller Bosheit und Unvollkommenheit zu erlösen. Sie erfuhr, dass Jesu Macht nicht in Waffengewalt gründet, sondern in Seiner Liebe, mit der Er jeden Menschen ruft und in welcher die ganze Schöpfung erst wieder zu wahrer Schönheit zurückfinden kann.
Da erstrahlte in Katharinas Herz plötzlich die wahre Weisheit, nach der sie schon so lange und brennend verlangt hatte, und sie wurde gewahr, dass nur Christus derjenige sein konnte, in dem sie diese wahre Weisheit, den wahren Reichtum, die wahre Stärke und die wahre Schönheit finden konnte, die sie bei jedem irdischen Bräutigam vergeblich gesucht hatte.
Sie erschrak über ihr bisheriges Leben, ließ sich im Glauben unterrichten und taufen, verschenkte ihren Reichtum an Arme und begann, sich um Kranke und Hilflose zu kümmern. Bald war sie ein großes Vorbild für alle anderen in der Christengemeinde.
Doch eines Tages hörte sie Lärm, schaute nach und sah, dass Menschen wegen des christlichen Glaubens zur Hinrichtung fortgezerrt wurden. Die „Legenda aurea“ berichtet:
„In der Zeit geschah es, dass Maxentius der Kaiser alles Volk reich und arm gen Alexandria entbot, dass sie den Abgöttern opferten; daselbst sollte er auch die Christen (ver)urteilen, die nicht opfern wollten.“ (Anm: Es wird in der Legenda aurea selbst eingeräumt, dass „Maxentius“, der nur im Weströmischen Reich regierte, wohl nur ein Abschreibfehler ist, der richtige Name aber wohl Kaiser Maximianus lauten muss.)
„Nun traf es sich, dass Katherina, die zu der Zeit ihres Alters war achtzehn Jahr, alleine stund in ihrem Palast, der voll war von Dienern und aller Reichheit; da hörte sie das Brummen und Schreien der Tiere und den Lärm der Sänger; also sandte sie einen Boten aus und ließ eilends fragen, was das wäre. Da sie verstund, was es sei, nahm sie Etliche von dem Palast, waffnete sich mit dem Zeichen des Kreuzes, ging dahin und fand daselbst viele Christen, die in Furcht des Todes zu den Opfern wurden geführt.
Davon gewann sie großen Schmerz und trat kühnlich vor den Kaiser und sprach: ‚Es ziemte deiner Würdigkeit wohl, o Kaiser, und die Vernunft riete es, dass ich dir meinen Gruß entböte, wäre es, dass du den Schöpfer des Himmels erkenntest und dein Herz zögest von den falschen Abgöttern.’ Und stund vor des Tempels Tür und hub an, durch allerlei Schlüsse … allegorisch und metaphorisch, dialectisch und mystisch mit dem Kaiser mancherlei Ding zu disputieren… und sprach: ‚Dies habe ich dir gesagt als einem weisen Manne. Aber nun sprich: warum hast du ohne Nutz dieses Volk hergeladen zu der Torheit, dass sie den Abgöttern sollen opfern? Verwundert dich dieser Tempel, der von der Hand der Werkleute gemacht ist, und seine köstliche Gezierde, die wie ein Staub ist vor des Windes Angesicht: so sieh an den Himmel und die Erde und das Meer und alles, was darin ist; verwundere dich der Gezierde des Himmels, als da ist Sonne, Mond und Sterne, und nimm wahr ihren Dienst, wie sie von Anbeginn der Welt bis zu dem Ende Tag und Nacht laufen gen Untergang und wiederkehren von Aufgang, und werden nimmer müde. Siehest du das mit Fleiß an, so frage und verstehe, wer wohl gewaltiger möge sein. Erkennst du aber den Herrn, so Er es dir gibt in deinen Sinn, und wirst inne, dass ihm niemand gleichen mag, so sollst du Ihn anbeten und preisen, denn Er ist ein Gott aller Götter und ein Herr aller Herren.’ Danach sprach sie von der Menschwerdung des Sohnes, dass der Kaiser erschrak, und mochte hierzu nichts antworten … Und hieß sie führen auf seinen Palast und ihrer mit Fleiß hüten; denn ihn verwunderte ihrer Weisheit und der Schönheit ihres Leibes… Danach kam der Kaiser auf den Palast und sprach zu Katherina: ‚Wir haben deine Wohlredenheit vernommen und uns gewundert deiner Weisheit: doch da wir mit der Götter Opfer bekümmert waren, mochten wir nicht alles gar verstehen…’.
Antwortete Katherina: ‚Kaiser, ich bitte dich, dass du dich nicht lassest von deinem Zorn überwinden; denn des Weisen Gemüt soll von Grimmigkeit unbewegt sein…’.
Sprach der Kaiser: ‚Ich sehe, dass du uns willst mit böslicher Klugheit fangen..’. Und da er sah, dass er ihrer Weishit nicht mochte widerstehen, gebot er heimlich durch Briefe, dass alle Meister der Grammatik und Rhetorik eilends auf das Stadthaus zu Alexandria kämen, die sollten großen Lohn empfangen, wenn sie die streitbare Magd mit ihren Gründen möchten überreden.
Also kamen aus unterschiedlichen Provinzen fünfzig Meister, die alle Sterblichen in weltlicher Weisheit übertrafen. Sie fragten den Kaiser, warum man sie von allen Enden habe zusammengerufen. Antwortete der Kaiser: ‚Es ist bei uns eine Jungfrau, gar unvergleichlich an Sinnen und Klugheit, die überwindet alle Weisen und spricht, die Götter seien allesamt böse Geister. Besiegt ihr sie, so werdet ihr mit großen Ehren wieder heimfahren’“ (Legenda Aurea, zitiert mit leichten sprachlichen Anpassungen nach: Abeln, Reinhard, Die heilige Katharina, S. 16ff.).
Es wird dann berichtet, wie Katharina von dem Plan erfuhr und sich ganz dem Herrn empfahl, wie ein Engel des Herrn zu ihr kam und sie zur Standhaftigkeit ermunterte, indem er ihr verhieß, dass sie diese Weisen bekehren und sogar zur Siegespalme des Martyriums geleiten werde.
Vor dem Kaiser fragte sie dann, ob es gerecht sei, dass er den Gelehrten großen Lohn versprochen habe, wenn diese sie überreden könnten, ihr aber im umgekehrten Fall nicht, und fährt dann fort: „Doch wird mein Lohn sein der Herr Jesus Christus, der eine Hoffnung und Krone ist aller derer, die für Ihn streiten“ (ebd., S.19).
„Da sprachen die Meister, es sei unmöglich, dass Gott Mensch werde oder leide; da erwies ihnen die Jungfrau, dass solches sogar von den Heiden sei vorausgesagt worden. Denn Plato bildet Gott rund und gebogen; die Sybille aber spricht: ‚Selig der Gott, der am hohen Holze hanget.’ Also stritt die Jungfrau weislich mit den Meistern und widerlegte sie mit klärlichen Gründen also, dass sie in großem Staunen saßen als die Stummen und ihrer keiner mehr wusste, was er sprechen sollte“ (ebd., S.20).
Der Kaiser begann nun, die von ihm herbeigerufenen Gelehrten zu beschimpfen, dass sie sich von einem Weib so besiegen ließen. „Da sprach einer, der war ein Meister der anderen: ‚Du weißt, Kaiser, dass nie ein Mensch vor uns stund, wir überwanden ihn denn alsbald; aus dieser Jungfrau aber spricht der Geist Gottes, die bringt uns in also große Verwundernis, dass wir wider Christum nicht können noch mögen reden. Darum, o Kaiser, sagen wir ohne Scheu: kannst du uns die Götter nicht besser bewähren, die wir bis jetzt haben geehret, so bekehren wir uns alle zu Christo’“ (ebd. S.20).
Als nun der Kaiser voll Zorn befahl, die Gelehrten mitten in der Stadt zu verbrennen, wandten sie sich fragend an Katharina, weil sie ja so wohl ohne Taufe sterben müssten. Da sprach sie zu ihnen im Heiligen Geist: „’Fürchtet euch nicht, denn euer Blut wird euch taufen und krönen.’ Also segneten sie sich mit dem Zeichen des Kreuzes und wurden darnach in die Flammen gestoßen und gaben ihre Seelen zu Gott; doch blieben ihre Haare und Kleider von dem Feuer unversehrt“ (ebd., S. 20).
Noch einmal versuchte nun der Kaiser, Katharina durch Schmeicheleien und durch Versprechungen auf seine Seite zu ziehen. Ob sie denn nicht ihre Jugend schonen wolle, dann würde er sie nach der Kaiserin zur Ersten in seinem Palast machen, ja sogar ein Bild von ihr mitten in der Stadt aufstellen, damit sie die Bewohner als Göttin ehren könnten.
Katharina aber antwortete: „Rede mir nicht von solchen Dingen, dergleichen Sünde ist zu denken; wisse, ich habe mich Christo gegeben zu einer Braut, der ist mein Reichtum und meine Liebe, meine Süßigkeit und mein Ergötzen, von des(sen) Liebe mag mich weder Schmeicheln noch Pein scheiden“ (ebd., S. 21).
Da wurde sie mit Geißeln und Skorpionen furchtbar geschlagen und für zwölf Tage ohne Nahrung in einen finsteren Kerker geworfen, während der Kaiser außer Landes ritt. Die Kaiserin aber besuchte sie, von Bewunderung, aber auch von Mitleid gerührt, mitten in der Nacht mit dem Kriegsobersten Porphyrius. Sie fand den Kerker von unermesslichem Glanz erleuchtet und sah, wie Engel Katharinas Wunden salbten. Katharina aber predigte der Kaiserin von den himmlischen Freuden und konnte sie für Christus bekehren. Sie sagte ihr auch die Martyrerkrone voraus. Da fiel auch Porphyrius der heiligen Katharina zu Füßen und nahm den christlichen Glauben an. Seinem Beispiel folgten danach auch noch 200 andere Ritter.
In den zwölf Tagen im Kerker wurde Katharina von einer weißen Taube mit himmlischer Speise gestärkt. Der Herr selbst war ihr erschienen zusammen mit einer großen Engelsschar und hatte sie ermuntert: „Tochter, erkenne deinen Schöpfer, für des(sen) Namen du gar einen mühseligen Kampf hast an dich genommen: sei unverzagt, denn ich bin mit dir“ (ebd., S. 21).
Als der Kaiser zurückgekehrt war und Katharina vor sich bringen ließ, meinte er, nach den Tagen der Finsternis und des Hungers im Kerker die Heilige seelisch und körperlich gebrochen vorzufinden. Katharina aber erschien vor seinem Angesicht noch schöner und innerlich fester und stärker als zuvor.
Da der Kaiser nun vermutete, man habe Katharina heimlich Lebensmittel gebracht, und da er deshalb die Verantwortlichen des Kerkers bestrafen wollte, bezeugte Katharina, dass sie von keinem Menschen Speise empfangen habe, sondern dass Christus, der Herr, sie durch einen Engel ernährt habe.
Der Kaiser beredete Katharina nun nochmals in aller Freundlichkeit, dass er sie nicht als Magd begehre, sondern sie zur machtvollen und hochgeehrten Königin des Reiches machen wolle, die an seiner Seite herrschen sollte. Katharina aber antwortete ihm: „Nimm auch du wahr meine Worte, Kaiser, das bitt ich dich und entscheide mit rechtem Urteil und Prüfung, wen ich mir soll erwählen: den Mächtigen, Ewigen, Glorreichen und Gezierten oder den Schwachen, Sterblichen, Unedlen und Ungestalten“ (ebd., S. 22).
Voll Zorn forderte der Kaiser nun die Entscheidung: Katharina solle opfern oder in grauenvollen Qualen sterben. Katharina antwortete, dass sie nicht opfern werde, auch wenn er sich alle mögliche Marter ausdenke: „… denn ich sehne mich, mein Fleisch und Blut dem Herrn darzubringen, als er sich selber einst für mich hat geopfert. Denn Er ist mein Gott, mein Geliebter, mein Hirt und mein Bräutigam“ (ebd.).
Der nun völlig ergrimmte Kaiser ließ nun auf Vorschlag eines Richters vier Räder anfertigen, gespickt mit eisernen Sägen und Nägeln. Zwischen ihnen sollte Katharina dann eingespannt und zerfleischt werden, wobei zwei Räder in die eine Richtung, zwei in die andere Richtung bewegt werden sollten. So sollten die übrigen Christen abgeschreckt und eingeschüchtert werden.
Auf Katharinas Gebet hin aber zersprangen die Räder und töteten etliche Heiden. Die Kaiserin hatte das von oben mit Staunen beobachtet. Nun stieg sie hinab und hielt dem Kaiser seine Grausamkeit vor. Der Kaiser wurde darüber zornig, und als er vernahm, dass nun auch die Kaiserin nicht mehr den Göttern opfern wollte, befahl er, dass sie gefoltert und enthauptet werden solle.
So bat diese die heilige Katharina, sie möge Gott für sie bitten. Katharina antwortete: „’Fürchte dich nicht, Kaiserin von Gott geliebt, denn dir wird heute für dein zergängliches Reich gegeben das ewige Reich; du scheidest von dem sterblichen Gemahl und wirst geeint dem himmlischen Bräutigam.’ Davon ward die Kaiserin gar gestärkt und mahnte die Henker, dass sie bald täten, was ihnen geboten wäre. Also führten die Knechte sie aus der Stadt und rissen ihr mit eisernen Spießen die Brüste aus; danach schlugen sie ihr das Haupt ab. Porphyrius aber nahm ihren Leib und begrub ihn“ (ebd., S. 23).
Als man am nächsten Tag den Leichnam suchte, trat Porphyrius hervor und sprach: „Ich bin es gewesen, der die Dienerin Christi hat begraben; und habe auch den Glauben Christi an mich genommen“ (ebd.).
Der Kaiser schrie hierauf wie von Sinnen, als er vernahm, dass nun auch sein Vertrauter und zu höchsten soldatischen Aufgaben erwählter Porphyrius Christ geworden war. Nun bekannten auch die anderen Soldaten und Ritter, dass sie Christus gehörten und bereit seien für den Tod. Unfähig zu einer vernünftigen Antwort brüllte der Kaiser trunken vor Wut, dass sie allesamt enthauptet und ihre Leiber vor die Hunde geworfen werden sollen.
Katharina aber hoffte er immer noch für sich zu gewinnen, indem er sie nochmals zu sich kommen ließ und zu ihr sprach: „’Zwar hast du mit deiner Zauberkunst meine Kaiserin zu Tode bracht, dennoch sollst du die erste sein in meinem Palast, wenn du willst zu Sinnen kommen. Heute noch sollst du den Göttern opfern oder dein Haupt verlieren.’ Sie antwortete: ‚Vollbringe deinen Willen an mir, denn siehe, ich bin bereit zu aller Marter’“ (ebd., S. 24).
Verurteilt zum Tod durch das Schwert erhob sie auf dem Weg zum Richtplatz ihre Augen gen Himmel und betete, dass Jesus, die Zuversicht und das Heil aller Gläubigen und die Ehre und Zierde aller Jungfrauen, alle Gebete erhören möge, wenn Menschen zukünftig in der Todesstunde oder in sonstigen Nöten sich an sie um Fürsprache wenden sollten.
„Da kam eine Stimme zu ihr, die sprach: ‚Komm nun meine Geliebte und meine Braut, denn siehe, die Himmelstür ist dir aufgetan. Und allen denen, die dein Leiden mit andächtigen Herzen begehen, soll der himmlische Beistand gelobt sein, den du gebeten hast’“ (ebd.).
Als man ihr den Kopf abschlug, soll nicht Blut, sondern Milch geflossen sein, und Engel sollen ihren Leichnam geborgen und beim Berg Sinai begraben haben, wo Gott dem Moses einst erschienen war. Schon früh in christlicher Zeit ist dort ein berühmtes Kloster entstanden, das ihren Namen bis heute trägt und ihren Ruhm verkündet. Es gilt als das älteste noch bewohnte Kloster der Christenheit überhaupt. Schon seit dem vierten Jahrhundert siedeln hier Mönche. Das heute griechisch-orthodoxe Kloster wurde zwischen 548 und 565 gegründet. Es liegt in circa 1585 Meter Seehöhe in einem Tal unterhalb des 2285 m hohen Berges Sinai. Ursprünglich ist es dem Namen der Gottesgebärerin Maria geweiht, ist aber seit langer Zeit auch als „Katharinenkloster“ bekannt.
Selbst Mohammed soll hier vor seinem Auftreten als „Prophet“ öfter Gast gewesen sein und deshalb dem Kloster auch später einen Schutzbrief ausgestellt haben, der das Kloster dann auch vor muslimischen Angriffen und Plünderungen bewahrte, so dass in diesem Kloster einige der ältesten Handschriften und Ikonen der Christenheit erhalten und gefunden wurden. Berühmt wurde der sogenannte „Codex Sinaiticus“, die älteste fast vollständig erhaltene Bibelhandschrift des Alten und Neuen Testaments, die der Leipziger (protestantische) Theologe Konstantin von Tischendorf dort 1844 entdeckte und die sich heute in Moskau befindet (der Zar finanzierte damals die Reise Tischendorfs). Diese Handschrift aus dem 4. Jahrhundert wurde ein wichtiger Bezugspunkt für alle folgenden kritischen Bibelausgaben in griechischer Sprache.
Aus den Gebeinen Katharinas dort floss ohne Unterlass Öl, das im Lauf der Jahrhunderte unzähligen Kranken und Notleidenden Gesundheit und Heil gebracht hat. Ein Mönch aus Rouen, der sieben Jahre lang dort am Sinai gelebt hatte, soll einen Finger der Heiligen heim in sein Kloster in Frankreich gebracht haben, vermerkt die Legenda Aurea (vgl. ebd., S.24).
Wohl um der von ihr schon bei ihrem Tod geübten Fürsprache für all diejenigen, die sich je an sie wenden sollten, und der Zustimmung Christi auf ihre Bitte wurde Katharina zu einer der am vertrauensvollsten und auch am meisten angerufenen Heiligen des Mittelalters. Sie gilt der heiligen Kirche auch als eine der 14 Nothelfer.
Mit der sogenannten „Liturgiereform“ von 1969 verschwanden plötzlich eine ganze Reihe dieser Nothelfer aus dem liturgischen Kalender, selbst so bekannte und hoch verehrte wie der heilige Georg oder der heilige Christophorus, die heilige Barbara oder eben auch die heilige Katharina von Alexandrien. Es gebe zu wenig gesicherte geschichtliche Informationen über diese Heiligen, wurde argumentiert. Doch selbst dort, wo nicht mehr alle Details geschichtlich überprüft werden können, und auch wenn man als Möglichkeit einräumt, dass sich um manche alten Heiligengestalten allmählich auch legendenhafte Ausgestaltungen entwickelten, lässt sich die Geschichte im Kern, aus dem sich die Tradition heraus entwickelte, nicht verleugnen, Und so kehrten allmählich auch diese heiligen Nothelfer wieder zurück und dürfen zumindest im Kalender wieder ihren Platz unter den anderen Heiligen einnehmen.
Die genannten Nothelfer gehörten ja vorher zu den Hauptheiligen im Kirchenjahr, deren Feste oft auch durch besondere kirchliche Bräuche, Merkregeln oder Patronate ausgezeichnet waren. Sowohl die Geschichte dieser Heiligen als auch ihr Zeugnis lassen und ließen ein helles Licht des christlichen Lebens für alle nachfolgenden Generationen aufstrahlen, und es wäre höchst undankbar, wollten wir diese Heilige und ihre Geschichte heute aus der Erinnerung streichen und die Menschen dieser Vorbilder im Glauben berauben!
Die heilige Katharina war seit dem 13. Jahrhundert lange neben der Gottesmutter die am meisten verehrte weibliche Heilige. Ihr Fest am 25. November war allgemein auch ein wichtiger Lostag, an dem das Weiden des Viehs auf den Wiesen endete, Knechte und Mägde ihren Lohn erhielten und ihre Stelle wechseln konnten. Vielerorts war der Katharinentag ein Tag, an dem nicht gearbeitet wurde, da alle Räder stillstehen sollten, also auch alle Wagen, Mühlen usw. Es galt das Sprichwort: „Sankt Kathrein / stellt Räder und Geigen (Musikvorführung und Tanz) ein“.
Die Zeit um das Katharinenfest war praktisch die letzte Möglichkeit für Hochzeiten, Tanz oder Jahrmärkte vor dem Ende des Kirchenjahres, denn das neue Kirchenjahr beginnt ja bekanntlich mit der Vorbereitungs- und Bußzeit des Advent, in dem öffentliche Belustigungen und weltliche Feste nicht vorgesehen sind.
Der Katharinentag wurde auch wegen der allgemeinen Bedeutung ein Bezugspunkt für viele Wetterregeln („Wie dieser Tag an Sankt Kathrein wird das Wetter im Januar sein“).
Es ist also kein Wunder, dass die „Reformer“ die heilige Katharina gleich wie manch andere „abgeschaffte“ Heilige (St. Georg, St. Christoph, St. Barbara usw.) bald notgedrungen wieder in den Kalender aufnahmen oder aufnehmen mussten. Zu fest verankert waren sie im Glaubensleben der Christen, zu tief begründet war ihre Verehrung seit den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte, als dass ihre Existenz einfach in Frage gestellt werden konnte! Selbst weltliche Organisationen, Orte, Länder, Berufsgruppen hatten diese Heiligen als Schutzpatrone erwählt und seit unvordenklichen Zeiten verehrt! Und nun sollten ausgerechnet diese Heiligen von den Gläubigen „kirchlicherseits“ nicht mehr verehrt werden (dürfen)?
Viele kirchliche Überlieferungen mit geschichtlichem Hintergrund wurden und werden immer wieder angezweifelt, fast immer liefert aber eine fortschreitende und seriöse Forschung Fakten, die den historischen Kern bestätigen, neu ins Licht rücken oder erst richtig verstehen lassen (vgl. Leichentuch von Turin, Bild der Muttergottes von Turin, Überlieferungen von Martyrern oder alten Kirchen usw.), da die Kirche Christi von Anfang an nicht ein Verein von leichtgläubigen Phantasten oder Märchensammlern war, die sich nach einer „Phantasiewelt“ sehnten oder sie einfach zu erfinden gedachten (dies ist eher die Gefahr von antichristlichen Ideologen oder esoterischen Schwärmern, wie wir sie schon in der Antike, aber besonders auch in der Neuzeit finden!), sondern weil die Kirche jede Überlieferung von Wundern oder besonderen Ereignissen stets sehr skeptisch betrachtet. (Das galt wohl schon den Tagen der Apostel angesichts der Berichte der Frauen vom leeren Grab an Ostern).
Glaube im originär christlichen Sinn hat nicht die Befriedigung von Neugier im Blickfeld, sondern ist immer voll Ernst auf Gott selbst als die eigentliche und höchste Wahrheit ausgerichtet, der auch jenseits aller sinnlichen „Sensation“ allein durch Seine Güte aus sich selbst überzeugen kann, - wie es auch Katharina bei ihrer Bekehrung erfahren hat! Im Gegensatz zu der - auch in der Antike verbreiteten - Sensationssucht, die sich an außergewöhnlichen Eindrücken und überwältigenden Erlebnissen zu berauschen sucht, galt im Christentum immer die Devise: „Seid nüchtern und wachsam!“ (1Petr.5,9). Durch diese nüchterne Liebe zur Wahrheit hat auch Katharina ihre Zeitgenossen überzeugt!
Und daran hat sich bei wahren Gläubigen im Lauf der Geschichte auch kaum etwas geändert. Wie sollten die Gläubigen sonst Christus ernsthaft und unter Einsatz ihres Lebens lieben, verehren und verteidigen, wenn sie sich nur Phantasiegeschichten zurechtgelegt hätten? Immer wieder zeigt sich, dass die Kirche und ihre Überlieferung sich „bewähren“, d.h. sich als wahr herausstellen, so bald sich Möglichkeiten zum Beweis ergeben, hingegen die vorgebrachten Zweifel grundlos sind. Der Grund: Christlicher Glaube ist an der Wahrheit interessiert, nicht an Märchen.
Deshalb wird auch das Wortgefecht der heiligen Katharina mit dem Kaiser und den gelehrten Heiden nicht im Sinn einer bloßen Überredung oder einer manipulativen Beeinflussung durch schreckende oder sinnlich lockende Phantasiegebilde beschrieben, sondern als nüchterne Auseinandersetzung und sehr rationale Widerlegung heidnischen Götzenkults, der seinerseits letztlich keine Argumente aus der Wahrheit besitzt, sondern eine blinde Verehrung von bloßen „Nichtsen“ darstellt. Die notwendige Verehrung des wahren Gottes wird hingegen aus der Vernunft erwiesen und die Beziehung des Menschen zum wahren Gott als der Wahrheit entsprechend und in der Wahrheit auch erfüllend klar und erhebend dargelegt.
Die heilige Katharina gilt daher als besondere Fürsprecherin all derer, die um die Wahrheit ringen, also aller Lernenden und Lehrenden, aller Philosophen und Wissenschaftler. Ihr selbstloser Einsatz für den Glauben und ihr Kampf gegen das Heidentum machen sie für die Glieder der Kirche bis heute zu einer besonderen Fürsprecherin und auch zu einem besonderen Vorbild.
Die heilige Katharina von Alexandrien zeigt uns, wie wir den geistigen Kampf auch in unseren Tagen führen sollen. Katharina suchte und umfasste die Wahrheit mit Freude und Dankbarkeit, als sie sich ihr offenbarte. Sie suchte nicht ein erträumtes „Heldentum“ in der Ferne, sondern trat dort nüchtern und unerschrocken für die Wahrheit und für ihre Brüder und Schwestern ein, wo sich die Not ihr zeigte! Sie meinte nicht, aus eigener Kraft zu siegen oder die Wahrheit zum Leuchten zu bringen, sondern sie vertraute sich und ihre Fähigkeiten ganz der Hilfe Gottes an. Durch ihre Liebe zu Gott und zur Wahrheit wird sie der Bedeutung ihres Namens gerecht, der ja übersetzt „die Reine“ bedeutet; gelegentlich wird sie auch „Aeikatharina“ genannt, also die „Allzeitreine“, die sich durch Götzendienst nicht befleckte.
In all ihrem Verhalten ist sie für die Kirche und die Christen Vorbild, aber auch Hilfe, eben eine wahre „Nothelferin“, als die sie von der Kirche bisher immer verehrt wurde! So flehen auch wir sie an, sie möge mit Maria und allen Heiligen am Throne Gottes für uns die notwendige Weisheit, Kraft und Heiligkeit erflehen, damit wir allen falschen „Göttern“ auch heute widerstehen und in der Gnade Christi alle um sich greifenden Irrtümer und alle Verwirrung überwinden, so dass die Kirche im Heiligen Geist wieder neu in Kraft und in Heiligkeit erstrahle!
Heilige Katharina von Alexandrien, du große Nothelferin, die du schon seit alter Zeit in der Kirche angerufen wirst, hilf auch uns heute, in der Liebe Christi und in der Kraft des Heiligen Geistes für den Sieg der Kirche in Heiligkeit zu wirken, damit wir das Ziel, das Christus uns gesetzt hat, erreichen und für die Nichtglaubenden den Glanz des Lichtes Christi widerspiegeln dürfen, damit auch sie in Wahrheit und Liebe den Weg zum wahren Leben finden!

Thomas Ehrenberger


Literatur:
Passio sanctae Katharinae Alexandriensis, ca. 1033-1048, anonym, Wikisource
Abeln, Reinhard, Die heilige Katharina, Kevelaer 2012
Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen von Richard Benz, Köln 1969
Breviarium Romanum, Regensburg 1925

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